Diese Webseite nutzt technisch notwendige Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können.
Weitere Informationen

Hilfsnavigation

Logo EMR

Inhalt

Die Geomorphologie der Alpen und ihre Entstehung


Learning Points
 
  • Die Alpen sind das Resultat des Zusammenwirkens endogener und exogener Prozesse.
  • Durch glaziale Prozesse wurde die Landschaft stark verändert, sowohl in den Alpen selber, als auch im Vorland (Flächen wurden poliert und abgetragen, Täler übertieft bzw. ausgeweitet, Lockergesteine wurden abgelagert). 
  • Durch Glazialerosion bzw. das Abschmelzen des Eises wird die Hebung der Alpen lokal verstärkt.
  • Rezente Bewegungen: die Ostalpen bzw. große Teile des Juragebirges zeigen eine Senkungstendenz, die Westalpen bzw. die Zentralalpen zeigen eine Hebungstendenz. 
  • Hebungsmaxima befinden sich in den Bereichen des Belledonne-Massivs, des Aar-Massivs und des Tauernfensters.
 
Das heutige Relief der Alpen ist durch das Zusammenwirken von endogenen bzw. tektonischen Vorgängen und exogenen Verwitterungs- und Abtragungsvorgängen entstanden (Veit 2002). Während des Eiszeitalters (Pleistozän, ca. 2,5 Ma-10.000 a) waren große Teile der Alpen mit Eis bedeckt, welches die Landschaft nachhaltig formte. Heute erfolgt die Formbildung durch Eis durch die verbliebenen Gebirgsgletscher und durch Plateau- und Inlandvereisungen (Leser 1998). Die unterschiedliche Resistenz gegenüber Verwitterungs- und Abtragungsvorgängen führt dazu, dass einige Gesteine erosionsanfälliger sind als andere. Die penninischen und helvetischen Flyschgesteine sind beispielsweise sehr erosionsanfällig, wohingegen Granite und Gneise sehr resistent sind. So bestehen auch die höchsten Berge der Alpen (z.B. der Mont Blanc) vorwiegend aus letzteren Gesteinseinheiten (Veit 2002). 
 
Geomorphologische Prozesse und Formen
 
In der Geomorphologie werden unterschiedliche formende Prozesse unterschieden. Im Bereich eines Gletschers sind das vor allem glaziale Prozesse, welche direkt auf das Wirken von Gletschern zurückgehen. Wichtig sind aber auch fluvioglaziale Prozesse, welche durch Schmelzwässer hervorgerufen werden. Periglaziale Prozesse und Formen wirken im Eisumland und entstehen durch Frost.
Durch die oben genannten Prozesse wurde bzw. wird die Landschaft stark verändert, sowohl in den Alpen selber, als auch im Alpenvorland. Zu den Auswirkungen und Formen gehören vor allem polierte und abgetragene Flächen, aber auch übertiefte Täler und die Ablagerung zahlreicher Lockergesteine. Das Ausmaß der Gletschererosion hängt unter anderem von der Eisphysik, der Eistemperatur, der Bewegung des Gletschers und den Reliefverhältnissen ab. Wichtig hierbei ist die Unterscheidung zwischen warmen und kalten Gletschern. In den Alpen sind vorwiegend warme Gletscher zu finden, welche relativ hohe Eistemperaturen aufweisen. Dies führt dazu, dass sich an der Basis des Gletschers ein Schmelzwasserfilm bildet, wodurch der Gletscher hangabwärts fließen kann. Kalte Gletscher besitzen hingegen relativ niedrige Temperaturen, so dass Eisbewegungen ruckartig erfolgen (Veit 2002).
Zu den wichtigen glazialen formbildenden Prozessen gehören Detersion und Detraktion. Bei der Detersion (auch Gletscherschliff genannt) wird die Gebirgsoberfläche durch die Auflast des Eises erodiert und Lockermaterial, welches in den Boden des Gletschers aufgenommen wird, schleift den Untergrund zusätzlich ab. Auf diese Weise werden Felsformen zu so genannten Rundhöckern abgeschliffen (Leser 1998). Die an der Unterseite des Gletschers aufgenommen Steine führen zu den typischen Gletscherschrammen. Durch die Reibung zwischen dem Eis und dem Untergrund werden kleinere Kornfraktionen erzeugt. So auch das feinkörnige Gletschermehl, welches in Flüssen transportiert, das Wasser milchig-gräulich verfärbt (Gletschermilch) (Veit 2002). 
Formenschatz eines glazial überprägten Tales
In Abbildung 1 nach Veit (2002) werden die typischen Formen erklärt, welche durch das Wirken von Gletschern entstehen:
 
1.      Kare: 
  • Eintiefung am Berghang mit steilen Wänden
  • Ursprungsstelle des Gletschers
  • Teilweise kommt es durch mehrere nebeneinanderliegende sogenannte „Karlinge“ zur typischen Zuspitzung der Berggipfel
2.      Trogschulter bzw. Trogtal: 
  • Eintiefung der Täler  durch Gletscherbewegung
  • hier bewegt sich das Gletschereis zum Haupt-Tal oder dem Vorland des Gebirges
  • Charakteristisch sind steile Flanken und flache Trogschultern, welche oft für Almen oder Siedlungsräume genutzt werden
3.      Moräne (typische  Akkumulationsform):
  • Gesteinsschutt, der durch das Eis bewegt wird und nach dem Abschmelzen zurück bleibt
  • Werden nach der Lage zum Gletscher bezeichnet (End-, Mittel-, Seiten- und Grundmoränen)
  • Die Moränen bestehen aus zahlreichen Korngrößen; kleinere Korngrößen entstehen durch die Reibung zwischen dem Eis und der Geländeoberfläche 
  • Die vor dem Gletscher befindlichen Endmoränenwälle erlauben  Aussagen darüber, wie weit der Gletscher vorgedrungen ist bzw. ob es mehrere Vorstöße gab (Leser 1998)
4.      Kamesterrasse:
  • steiler Hügel aus Lockermaterial
  • Fluvioglaziale Ablagerungen zwischen Gletscherrand und Talwand
  • Nach dem Abtauen des Eises bleibt eine langgestreckte „Terrasse“ zurück, welche eine deutliche Schichtung aufweist (Stahr und Hartmann 1999)
5.      Hängetal
  • Diese sind durch kleinere Nebengletscher entstanden
  • Durch die geringere Erosionskraft konnte sich der Gletscher nicht so weit eintiefen
6.      Bergsturz 
 
7.       Bergzerreißung und Talzuschub
  • sehr langsames, aber großräumiges Absacken von Bergflanken
  • Auslöser ist die Druckentlastung durch das abschmelzende Gletschereis
  • Hinweise auf Bergzerreißung sind Spalten (Stahr und Hartmann 1999)
8.      Schwemmkegel:
  • fluviale, fächerförmige Akkumulation von Lockergesteinen 
  • Bilden sich dort, wo die Transportkraft des Flusses nachlässt (Abnahme des Gefälles) (Stahr und Hartmann 1999)
9.      Talboden mit holozänen und quartären Sedimenten
  • In den übertieften Tälern sind bis zu 1000m mächtige Lockergesteine akkumuliert
  • In diesen Lockergesteinen ist eine Schichtung zu erkennen: 
  • Oben: Ablagerungen von seitl. Schuttfächern
  • Darunter: feinkörnige „lakustrine“ und „glaziolakustrine“ Sedimente 
  • Basis: Grundmoräne und subglaziale Sedimente
Zum Teil ist der Talboden wasserführend, besonders am Alpenrand bzw. im Bereich der Molasse bilden sich in den sog. „Zungenbecken“, welche durch Vorlandvergletscherung entstehen, häufig Seen oder Moore (z.B. Bodensee) (Pfiffner 2010 und Veit 2002).
Rezente Bewegungen in den Alpen

Wichtig ist, dass die Glazialerosion bzw. das Abschmelzen der Gletscher in den Alpen die Hebung des Gebirges lokal verstärken kann, da das Gebirge entlastet wird.

Durch Präzisionsnivellements wurden die rezenten Hebungsraten in den Alpen ermittelt, wobei das Gebiet relativ zu einem Referenzpunkt gemessen wurde. Eine deutliche Tendenz hinsichtlich der Hebungsraten ist ersichtlich: 
Während die Ostalpen bzw. große Teile des Juragebirges eine Senkungstendenz zeigen, ist bei den Westalpen bzw. den Zentralalpen eine Hebungstendenz ersichtlich. Hebungsmaxima befinden sich in den Bereichen des Belledonne-Massivs, des Aar-Massivs und des Tauernfensters. Die größten Hebungsraten liegen hier zwischen 1,3 und 1,8 mm/a, während sich das Juragebirge und die Ostalpen um ca. 0,3 mm/a senken. Zudem werden in Bereichen mit starken Hebungsraten, wie z.B. Aar-Massiv, auch rezente Erdbeben verzeichnet (Pfiffner 2010). Als Gründe für die rezente Hebung werden in der Fachliteratur zum einen die andauernde Konvergenz zwischen der adriatischen Platte und der europäischen Platte angesehen und zum anderen isostatische Ausgleichsbewegungen, welche ihren Ursprung in exogenen (durch das Abschmelzen des Eises) und in endogenen (Kompensation der Verdickung der Lithosphäre) Vorgängen finden (Pfiffner 2010, Persaud und Pfiffner 2004 und Champagnac et al. 2009). 

Picture_1607 - Alpenexkursion2011_V_Alpengeomorphologie_Abbildung_Formenschatz.jpg
Abbildung 1: Typischer Formenschatz und Ablagerungen eines glazial überprägten alpinen Tales (nach Veit 2002, S. 100).
 
Literaturverzeichnis

Abschlußinformationen