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Hebungsgeschichte der Alpen anhand von Spaltspurendaten


Learning Points
  • Uranzerfall verursacht Risse (Spaltspuren) im Kristallgitter von Apatiten.
  • Spaltspuren heilen bei Temperaturen swischen 60 °C und 110 °C.
  • Durch die Auswertung von Anzahl und Länge der Spaltspuren lässt sich die Thermische Geschichte eines Gesteines ermitteln.
  • Alpen haben sich noch in der jüngeren Erdgeschichte deutlich gehoben, noch heute leichte Hebung in den Westalpen.
 
1  Methode

Die Spaltspurenanalyse ist eine Methode, um die thermische Geschichte eines Gesteins zu bestimmen. Sie eignet sich daher, um auf die Hebungsgeschichte von Orogenen rückzuschließen und die Versenkungsgeschichte sedimentärer Becken zu rekonstruieren. Hierzu werden Risse in Uran führenden Mineralen wie Apatit oder Zirkon ausgemessen, die beim spontanen Zerfall von 238U entstehen. Das Uran zerfällt dabei in zwei etwa gleich schwere Spaltprodukte, die sich entgegengesetzt voneinander hochimpulsiv entfernen. Dabei beschädigen sie das Kristallgitter des Minerals, sodass eine Fissur von circa 15-20 µm Länge entsteht, eine sogenannte Spaltspur. Diese Spaltspuren können mikroskopisch sichtbar gemacht werden, indem man das Mineral anschleift und die Schliffläche anätzt (5%  HNO3 ) (Markl, 2008, Wagner und Reimer, 1972). Jede Spaltspur zeigt je einen Zerfall an. Durch das Auszählen der Spaltspuren auf einer festgelegten Fläche, lässt sich ermitteln, wieviel Uran bereits zerfallen ist. Um das Alter des Minerals bestimmen zu können ist es notwendig die Probe mit thermischen Neutronen zu bestrahlen. Die Bestrahlung löst den Zerfall von 235U aus, welches in der Natur stets im gleichbleibenden Verhältnis zu 238U eingebaut wird. Das Auszählen der neu entstandenen Spaltspuren führt nun zum originalen Urangehalt (Markl, 2008). Über das Zerfallsgesetz (Gleichung 1) lässt sich nun das Alter des Minerales berechnen (Gleichung 2) (Mineralienatlas: Spaltspurenanalyse, Markl, 2008, Clauser, 2009).

Gleichung 1:
Picture_1574 - Alpenexkurison2011_Conrad5

Gleichung 2:
Picture_1575 - Alpenexkurison2011_Conrad6
 

Die eigentliche Stärke dieser Methode ist jedoch, dass mit ihrer Hilfe die Temperatur- bzw. Hebungsgeschichte von Gesteinen rekonstruiert werden kann. Dies ist möglich durch die Eigenschaft einiger Minerale die Spaltspuren innerhalb eines bestimmten Temperaturfensters zu heilen (Abb. 2a). Bei Apatit liegt die Verheilungszone zwischen 60° und 110° C. In diesem Temperaturbereich herrscht eine partielle Stabilität des Apatites, sodass die Spaltspuren mit zunehmender Temperatur heilen und sich verkürzen (s. Abb. 3). Unter 60° C findet keine Heilung mehr statt, über 110° C werden alle Spaltspuren komplett geschlossen (Schließungstemperatur). Durch eine statistische Auswertung der Spaltspurenlängen und ihrer Anzahl lässt sich somit die Temperaturgeschichte des Gesteins seit seiner letzten Abkühlung unter 110° C rekonstruieren (Green u.a., 1986, Markl, 2008). Außerdem muss der natürliche Gehalt an F und Cl im Apatit beachtet werden, da Fluorreiche Apatite schneller heilen, als chlorreiche Apatite (Green u.a., 1986, Markl, 2008).
 
2  Hebung der Alpen

Generell lässt sich zur Hebungsgeschichte der Alpen anhand von Spaltspurendaten eine Tendenz erkennen: Von Westen nach Osten nimmt die Exhumationsaktivität ab und wird homogener. So gibt es in den französischen und schweizer Alpen eine allgemein konstante Hebungsrate in den letzten 10-15 Millionen Jahren, die zwischen 0,4 und 0,7 mm/a liegt (Bernet u.a., 2001). In einzelnen Regionen bestehen deutliche Maxima, beispielsweise am St. Gotthard wo die Hebungsrate über die letzten 4 bis 10 Millionen Jahre gestiegen ist (stellenweise bis 1 mm/a). Der genaue isostatische Anteil an dieser Hebung ist jedoch nicht präzise zu ermitteln (Schaer, Reimer und Wagner, 1975). Nach Seward und Mancktelow, 1994 lassen starke Spaltspurenunterschiede im Bereich des Rhonetals/Mont Blanc darauf schließen, dass hier eine aktive Störungszone während des Neogen/Früh-Quartär vorlag. Weiter im Osten, im Bereich des Tauernfensters herrschen ebenfalls homogene Hebungsraten von 0,1-0,4 mm/a. Sie sind in dieser Region deutlich niedriger, als in den Westalpen und nahmen im Verlauf der letzten 20-25 Mio. a. konstant ab (Staufenberg, 1987). Fügenschuh, Seward und Mancktelow, 1997 gehen von einer Gesamthebung des westlichen Tauernfensters von 4-5 km aus. Spaltspurenanalysen an Apatiten und Zirkonen haben außerdem ergeben, dass im Bereich des Südalpenraumes vor ca. 25 Mio. a. starke Hebungsraten von bis zu 2,2 mm/a bestanden haben. Dies würde einer Hebung des penninischen Blocks von ca. 9 km entsprechen (Hurford, 1986). Allerdings setzte die Abkühlung hier deutlich früher ein und wird nach Norden hin jünger. Die Schließungstemperaturen für Apatit reichen von ca. 120°C in den schweizer Alpen (Schaer, Reimer und Wagner, 1975) bis 100° C in den Ostalpen (Hurford, 1986). Apatit Spaltspuren sind erst nach Abschluss der alpinen Metamorphose erhalten geblieben und werden von Süden nach Norden zunehmend jünger. 

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Abb. 1: Schematische Darstellung von Spaltspuren Apatite Fission Track Analyse (AFTA)


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Abb. 2: a) Apatit-Heilungszhonen b) Anwendungstiefen verschiedener Methoden (aus Markl 2008)


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Abb. 3: Heilung von Apatitspaltspuren im Laborversuch (aus Markl 2008)



Picture_1573 - Alpenexkurison2011_Conrad4
Abb. 4: Interpretation von Spaltspuren (aus Markl 2008)


Literaturverzeichnis

 


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