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Schneeberg- Kartierung überfaltete Großfalte


GPS-Koordinaten: GPS: 46.75919° N; 11.02962° E

Lagebeschreibung: Die überfaltete Großfalte zieht sich durch den Schneebergzug. Von der Stettiner Hütte als Basis lässt sich die Großfalte in mehreren Tagesetappen erwandern. Genaueres zeigt die Übersichtskarte.
 

Deformation und Metamorphose am Schneeberg

Die Gesteine der Schneebergregion sind hauptsächlich:

  •    Biotitreiche Granatglimmerschiefer, welche stark deformiert und häufig mit Quarzbändern durchzogen sind.
  •    Feinkörniger, sehr homogener Marmor.
  •    Organikreiche Tonschiefer.
  •    Gneis, teilweise granatführend.
  •    Amphibolit.

In den verschiedenen Gesteinen lassen sich die gleichen Deformationsmuster erkennen.  Die Kluftfüllungen im Granatglimmerschiefer sind teilweise boudiniert und ebenso wie das umgebende Gestein stark verfaltet. Weitere Deformations-Anzeiger am Schneeberg sind z.B. Boudins und Delta Klasten (Abb. 1). Der Glimmerschiefer hat eine grün-graue Färbung und die eingeregelten Glimmer weisen eine bräunlich-grüne Verwitterungsfarbe auf (ein Hinweis auf hohes Aufkommen von Eisenoxiden).

Picture_1588 - 2011-09-03_Boudins_Sadler.jpg

Abb. 1: Boudins am Schneeberg

 

In vielen Aufschlüssen am Schneeberg sind zwei Phasen der Faltung erkennbar. Die Falten der ersten Phase (B1) sind meist isoklinal, d.h. ihre Schenkel sind parallel (Abb. 2). Die zweite Phase (B2) zeigt sich in der Verfaltung der Schenkel der B1 Falten. Die Achsenflächenschieferung S1 zu B1 ist auch verfaltet (Abb. 3). Die Achsenflächen von B1 und B2 scheinen etwa senkrecht aufeinander zu stehen. Diese Beobachtungen haben wir durch Messungen mit dem Gefügekompass bestätigt (siehe unten).

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Abb. 2: Handstück eines Marmors mit einer isoklinalen Falte, wie sie typisch für die B1-Faltung am Schneeberg ist

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Abb. 3: Verfaltete Achsenflächenschieferung

An einem See unterhalb der Stettiner Hütte steht Granatglimmerschiefer der Amphibolit-Fazies an. Er führt Muskovit, Biotit, Granat, Quarz und etwas Feldspat. Der Glimmeranteil ist jedoch gering, so dass das Gestein an der Grenze zum Gneisschiefer liegt. Zudem sind bis zu 20 cm mächtige, teilweise verfaltete Quarzbänder zu finden. Sie zeigen die für das Gebiet typische isoklinale B1-Faltung und die überfaltende B2-Faltung (Abb. 4). Das geklüftete Gestein ist durch hydrothermale Alteration an ca. 1cm breiten Säumen um die Klüfte herum gebleicht. Viele Kluftflächen sind mit Epidot und Chlorit besetzt (Abb. 5). Diese Mineralogie ist ein Indikator für retrograde Metamorphose. In mehrere Aufschlüsse am Schneeberg treten Granate und Epidot bzw. Chlorit nebeneinander auf. Epidot und Chlorit gehören zur Grünschiefer-Fazies, die bei niedrigeren Temperaturen auftritt als die Amphibolit-Fazies, zu der Granat gehört. Wenn also Grünschiefer- und Amphibolit-Fazies gemeinsam auftreten, muss die Grünschiefer-Fazies retrograd, also während der Abkühlung, gebildet worden sein. Ansonsten wäre sie durch die hohen Temperaturen überprägt worden. Für die Analyse der Kluftorientierung wurden mehrere Messwerte genommen, welche Tabelle und Stereonetz zu entnehmen sind.

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Abb. 4: Verfaltete Quarzbänder

Picture_1586 - 2011_09_04_Schneeberg_Epidot_Bruckmann.jpg    Picture_1589 - 2011-09-04_angekrazter Chlorit_Sadler.jpg

Abb. 5: Epidot (links) und Chlorit (rechts) sind hier häufig auf Kluftflächen zu finden

Am Schneeberg ist außerdem Wollastonit zu finden. Das Mineral ist durch seine weiße Farbe und nadelig, faserige Ausbildung zu erkennen (Abb. 6).  Wollastonit entsteht durch die Metamorphose von Kalkstein unter Anwesenheit SiO2-haltiger Fluide durch folgende Dekarbonatisierungsreaktion:

CaCO3 + SiO2     =>   CaSiO3 + CO2

 

An der Südseite der Hohen Weißen ist eine große isoklinale Marmorfalte, umgeben von Tongesteinen, aufgeschlossen (Abb. 7). 

Picture_1592 - Alpenexursion2011_schneeberg_Wollastonit.jpg

Abb. 6: In diesem Handstück vom Schneeberg erkennt man den weißen, nadeligen Wollastonit

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Abb. 7: Südwand der Hohen Weißen

 

 


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Abb. 8: Geologische Karte der südwestlichen Spitze des Schneebergkomplexes (links, aus Schenk et al. (2005)) und schematische Darstellung der überfalteten Großfalte (rechts).
 

Großräumige geologische Struktur - Interpretation der Messdaten

Ziel der Kartierung am Schneeberg war es, die verschiedenen Phasen der tektonischen Entwicklung, wie z.B.: Schieferung und Faltung, darzustellen und in einen Zusammenhang zubringen. Der Schneebergzug eignet sich besonders gut für die Identifikation dieser Strukturen, da im anstehenden Gneis und Glimmerschiefer viele große und kleine Marmorbänke zwischengelagert sind. Besonders gut war dies während der Exkursion in der Südwand der "Hohe Weiße" zu sehen.

Im Gebiet der Schneeberg Normal Fault, welche in der Johannesscharte aufgeschlossen ist, wurden in vier Bereichen Fallen und Streichen von Schieferung, Lineation, Faltenachsen und Klüften, sowie verschiedener Faltungsphasen (B1und B2) eingemessen. Dabei ließ sich feststellen, dass die Schieferung (S1), welche teilweise mit verfaltet wurde, in diesem Gebiet der Schichtung (S0) entspricht. Plottet man sämtliche Schieferungswerte in ein Stereonetz (Abb.9), erkennt man, dass diese annähernd einen Großkreis bilden. Die aufgenommenen Lineationswerte wurden ebenfalls in ein Stereonetz eingetragen. Diese Punktwolke entspricht im Mittel dem Polpunkt des Großkreises der Schieferung. Dies bedeutet, dass die Lineation orthogonal zur Schieferung steht. Des Weiteren zeigten die Faltenachsenwerte, dass die B2-Faltenachse parallel zur Lineation orientiert ist. Die B1 Faltung ist während der alpidischen Orogenese entstanden. Im Verlauf der Orogenese änderte sich das Spannungfeld, sodass es zu einer Überfaltung der B1-Falte kam. Das Ergebnis ist die B2 Faltung. Die Faltenachsenflächen von B1 und B2 stehen senkrecht aufeinander. Während der zweiten Faltungsphase bildete sich eine zweite Lineation (L2), die parallel zur Faltenachse von B2 steht, jedoch im Gelände nicht optimal messbar war. 

Die geologische Struktur am Schneeberg ist eine großräumige Schlingentektonik. Es liegt eine überfaltete Großfalte vor, wie sie schematisch in Abb. 8 dargestellt ist.


Literaturverzeichnis

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Abb. 9: Stereonetz mit den aufgenommenen Messwerten. Kreuze => S1 und B1, Rauten => L1.

Picture_1502 - Alpenexkursion2011_Schneeberg-Karte_.jpg
Abb.10: Übersichtskarte des Schneebergs mit den Aufschlüssen (rote Kreuze). (Google Maps Karte folgt).


Abschlußinformationen