Tag 9 auf einer größeren Karte anzeigen
Zu Beginn des zweiten Tages machte sich Prof. Urai mit einer wackeren Runde motivierter Studenten (Flo, Robert, Simon, Lars, Yannick, Marc und Alexej) auf, die "Hohe Weiße" zu besteigen, um einen hoffentlich malerisch Sonnenaufgang in den Bergen zu erleben. Dies erforderte von den tapferen Wandersleuten, um 5:00 Uhr morgens bei kompletter Dunkelheit aufzubrechen, um den beschwerlichen Aufstieg vor Sonnenaufgang bestreiten zu können. Als nach 1,5 Stunden der Gipfel auf der Höhe von 3278 m erreicht war, bot sich ein spektakuläres Bild auf die umliegenden Berggipfel in der Ferne, die von Sonne und Nebel in ein romantisches Licht getaucht wurden (Abb. 1). Nach wenigen Minuten musste sich die Gruppe jedoch wieder auf den Weg zur Hütte machen, um die reguläre Tagestour rechtzeitig starten zu können. Der Abstieg konnte nunmehr bei Licht in 45 Minuten bewältigt werden.
Abb.1: Sonnenaufgang auf der Hohen Weißen.
Nach dem Frühstück begann die langwierige Kalibration der Gefügekompanten. Normalerweise sollte diese Übung für Geologen keine große Hürde darstellen, doch leider wurde zu spät festgestellt, dass die an einen Tisch gelehnte Bank, an der die Messwerte aufgenommen werden mussten, in sich verbogen war und deutlich unterschiedliche Werte von jeder Gruppe gemessen wurden. Dies verzögerte die ganze Übung ungemein und so mancher begann an seinen Fähigkeiten zu zweifeln und wollte schon den Abstieg in Angriff nehmen, um dann zurück in Aachen etwas Leichteres wie zum Beispiel Kunstgeschichte oder Philosophie studieren zu gehen. Nachdem jedoch das Problem der Holzbank mit der urai’schen Krümmung erkannt und die Deklination der Kompasse einheitlich eingestellt war, konnte die Kalibration zügig durchgeführt werden.
Anschließend wurde am nur wenige Meter von der Hütte entfernten ersten Aufschluss ein Vortrag über
Faltung von Yannick Wirtz gehalten.
Das Wetter war relativ bescheiden, mit hoher Luftfeuchtigkeit und Nebel - weshalb schon nach kurzer Zeit auf Wunsch einiger Teilnehmer die erste Pause mit warmem Tee im Aufenthaltsraum der nahegelegenen Hütte eingelegt werden wurde. Andere trotzten dem miesen Wetter und pausierten auf der Terrasse der Hütte unter freiem Himmel.
Ungefähr 300 m vom Pseudotachylit entfernt geschah es dann. Beim beschwerlichen Aufstieg auf eine lokale Erhöhung, kollidierte einer der Teilnehmer mit dem Ergebnis der Urgewalt der alpidischen Orogenese, dem gemeinen Glimmerschiefer. Alex S. wurde vom Glimmerschiefer eine heftig blutende Platzwunde am Kopf verpasst. Wild vor Wut über diese Frechheit und mit blutüberströmtem Gesicht schlug Alex S. mit mächtiger Geologenhand gegen den Aufschluss, riss ein großes Stück Glimmerschiefer aus der Wand, um sich bei den Alpen zu revanchieren. Der Glimmerschiefer erkannte seinen Fehler, entschuldigte sich und verharrt seitdem in wehmütiger Regungslosigkeit. Erst dann ließ Alex sich vom glücklicherweise anwesenden Rettungssanitäter Glimmerschieferreste aus der Stirn ziehen und verbinden (Abb. 2).
Abb.2: Trägts mit Fassung
Obwohl die Wunde fachmännisch versorgt wurde, musste sich Alex in Begleitung zweier Kommilitonen auf den Weg zurück zur Hütte machen, aus Angst, dass Alex dem Schiefer doch noch etwas antun wolle.
Vor Beendigung des Tages wurde noch eine große Marmorfalte im Glimmerschiefer angesteuert und anschließend zur Hütte zurückgekehrt.